Mit ihren eigenen Fragen
Entre nous, Iris Wollf!
Iris, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Ich schreibe «Die Unschärfe der Welt» am liebsten an meinem Schreibtisch, eine gewisse Ordnung der Dinge, der Blick aus dem Fenster, meine alte Cherry-Tastatur, das alles ist unerlässlich für die Konzentration, die es beim Schreiben braucht. Zwei Monate durfte ich außerdem in der Pfalz leben und arbeiten, das war besonders intensiv, da fast alle sozialen Kontakte und Haushaltspflichten wegfielen – wunderbare Voraussetzungen, um ganz abzutauchen.
Worum geht es Deiner Meinung nach in Deinem Buch?
Das wechselt mit der Zeit. Zunächst einmal gibt es überhaupt keinen Standpunkt außerhalb des Textes, dann, mit jedem Gespräch, jeder Lesung reifen Ansichten, um was es im übergeordneten Sinn gehen könnte. Wenn man mich jetzt fragt, so würde ich sagen, dass der Roman eine Suchbewegung ist, was ein Mensch jenseits von politischen und gesellschaftlichen Umständen sein kann (und wie wandelbar diese sind). Meine Figuren zeigen mir, wie wichtig es ist, andere Menschen nicht auf bestimmte Bilder und Wünsche festzuschreiben.
Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Mich interessiert, wie der Mensch einen ganz eigenen Standpunkt zur Welt finden kann, jenseits übernommener Deutungen, Meinungen, Erwartungen. Für mich persönlich spielt Kunst da eine entscheidende Rolle, weil die Auseinandersetzung mit Kunst immer ein Zweigespräch ist, besonders auch in der Literatur. Jeder Text entsteht durch die Leserinnen und Leser neu, weil sie sich dazu in Beziehung setzen können, mit ihren eigenen Fragen, Bildern.
Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Bei den ersten Büchern waren für mich beim Schreiben eher die Themen im Vordergrund, konkret die Beschäftigung mit den Orten meiner Herkunft in Siebenbürgen und dem Banat. Inzwischen reizt es mich, mit der Form zu experimentieren, eine Erzählweise zu suchen, die Ambivalenz, Subjektivität, Ungewissheit, und Gleichzeitigkeit zulässt. Aber ja, ich glaube, meine Themen sind in allen Büchern recht ähnlich.
Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Wie immer mit einer Mischung aus Unglaube, Dankbarkeit, Erleichterung. Unglaube, weil es letztlich immer ein Wunder ist, wie solch eine plausible und zugleich symbolische Welt entsteht. Dankbarkeit, weil ich im Schreiben einen Ort gefunden habe, in dem ich vieles von dem, was mir wichtig ist, einbringen kann. Erleichterung, weil es gelungen ist, das Buch abzuschließen und damit einhergehend immer auch ein wenig Sorge, weil es keine Gewissheit gibt, dass es wieder glückt.
Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buches?
In dem Sinne, als ich mir wünsche, dass die Leserinnen und Leser meinen Figuren begegnen wie echte Menschen. Und dass dieser exotische Landstrich, in dem alle meine Geschichten spielen, den Leserinnen und Lesern zu nahen, vertrauten Orten werden.
Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Es ist (für mich) auf überraschende Weise mein bislang persönlichstes Buch.
Iris Wolff, «Die Unschärfe der Welt», Roman,
Klett-Cotta, Stuttgart 2020, geb., 216 Seiten.