Ironie und Erleichterung

Entre nous, Michael Stavarič!

Michael, wo hast Du Dein Buch neues geschrieben?
Wie immer unterwegs! Da ich stets alles mit der Hand verfasse, reicht irgendwo schon ein kleines Zettelchen, um meine Gedanken zu ordnen bzw. sich Stichworte und Sätze zu notieren. Mein neuer Roman «Gotland» erscheint zwar erst im März nächsten Jahres (2017), doch liegt er bereits dem Lektorat vor; der letzte Schliff erfolgt dieser Tage im Zug Wien–München–Wien, da kann ich für gewöhnlich ganz gut arbeiten. Züge waren stets ganz passable Orte meiner Verschriftlichung ...

Worum geht es, Deiner Meinung, nach in Deinem Buch?
Es wird ein recht vielschichtiger Roman, der reale und surreale Welten vermischt. Im Vordergrund steht eine Mutter-Sohn-Beziehung, die gleich zwei Spannungsfelder aufweist: Es gibt eine erotische und eine religiöse Komponente. Und die schwedische Insel Gotland erweist sich hierfür als Angelpunkt ... mein Protagonist mutiert dort zu einer Art Sektenführer.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Es gibt derzeit zwei Blickrichtungen: Nach außen, in die Welt, und nach innen, in die Psyche. Die Destruktivität der Welt und die dahinter stehenden Mechanismen, das verfolge ich gerade recht genau – und die forensische Psychiatrie. Letztlich geht alles Hand in Hand ...

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Neu sind eher die Intensitäten, die einen lange beschäftigen.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Ich bin ja jedes Mal aufs Neue erstaunt, wie einen Sätze tragen. Wie sehr sich Dinge einfach auch «ergeben», scheinbar aus dem Nichts. Das Schreiben ist ein intensives Nachdenken über die Welt (und sich selbst) – und es ist für mich tatsächlich stets ein kleines Wunder, wenn ein neues Buch fertig wird; wenn man den letzten Punkt setzt und tatsächlich zufrieden ist mit dem großen, textlichen Ganzen. Das erste Gefühl, das ich folglich empfinde, ist Erleichterung …

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Ich versuche, jedem meiner Bücher eine Botschaft mit auf den Weg zu geben. Die Deutungshoheit überlasse ich allerdings ganz den Leserinnen und Lesern. Wie immer hoffe ich, dass ihnen auffällt, dass schon die Sprache an sich eine Geschichte erzählt, dass die formale Konstruktion ein wesentlicher Teil des Romans ist. Literatur ist keinesfalls «nur» Inhalt, Literatur ist vor allem Form.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Es ist das intensivste und schrägste Buch, das ich bis jetzt geschrieben habe – bei all den drastischen Ereignissen, die einen da erwarten. Eine der Erkenntnisse vermag ich, auf den Punkt zu bringen: Die einzig wahre Religion ist zweifelsohne die Ironie!

Michael Stavarič, «Gotland», Roman, i.V. Frühjahr 2017

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