Freiheit im Kopf

Enter nous, Simone Meier!

Simone, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Die ersten und letzten Kapitel in Samedan, in der Wohnung eines Freundes. Ich sass dabei auf einem weissen Sofa und hatte immer Angst, dass meine Jeans abfärben. Den Rest vor allem zuhause in Zürich, im Kreis 3, mit Blick auf die Hochhaussiedlung Lochergut und die allmorgendliche Lochergut-Tour der Möwen.

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Im Roman «Fleisch» geht es um Menschen zwischen 15 und 65, die gern Fleisch essen und Sex haben. Um Körper und den ganzen Kram, den sie beinhalten.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Das Herstellen von Fiktion. Bei Donald Trump, in TV-Serien wie «The OA» und «Westworld», wo es um das Erfinden von Parallelwelten und Parallelwahrheiten geht, oder auch einfach in den Köpfen einzelner. Was passiert, wenn Träume oder Wahnsinn überhandnehmen? Wenn die Realität hinter den eigenen Erwartungen zurück bleibt? Und schliesslich: Wie erfinde ich Fiktion zwischen zwei Buchdeckeln?

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Die waren immer schon da, aber jetzt sind sie durch die ganzen Debatten über das Postfaktische überraschend aktuell geworden.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Mit Neid! Ich beneide mich um diese Zeit und will sie so schnell wie möglich zurückhaben. Im Vergleich zum Journalismus, mit dem ich mir sonst mein Geld erschreibe und der immer reaktiv und ein wenig parasitär ist, bedeutet Fiktion die ganz grosse Freiheit im Kopf. Sie macht mich glücklich.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Das wäre ja traumhaft, wenn man die Rezeption seinen Erwartungen gemäss steuern könnte! Und wenn die Kritiker merken würden, was ich gewollt habe. Meine handwerklichen Vorbilder sind zum Beispiel restlos alle angelsächsisch und vorwiegend im Bereich der well made middelbrow literature verankert. Also Menschen, die sich nicht vor der Unterhaltung und dem Spiel mit den Genres drücken. Das beginnt bei den Thrillern und Gesellschaftsromanen einer Margaret Millar in den 50er Jahren und geht nahtlos weiter über ... Ach, da kämen jetzt hundert Namen und am Ende stünde mein heissgeliebter Stephen King. Das erspar' ich uns lieber.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
In meinem «Werk»? Haha. Das Werk besteht aus einem Debütroman, der schon 17 Jahre zurückliegt und zu weiten Teilen aus Autobiografie und Narzissmus gebacken wurde. Dann aus zwei Büchern, die Texte enthalten, die ich lange zuvor für Zeitungen geschrieben oder organisiert hatte. «Fleisch» ist ein Neuanfang.

Simone Meier, «Fleisch», Roman,
Kein & Aber, Zürich 2017, geb., 256 Seiten.

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