Worauf man sich bezieht
Entre nous, Ariane von Graffenried!
Ariane, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
In einem Hotel an der Viale Regina Elena in Rimini, im Thalys von Brüssel nach Paris, in einem Appartement in Cannes, an der Marchlewskistrasse in Berlin, im The Hour Glass Pub in London, in der Rúa do Doutor Teixeiro in Santiago de Compostela, in einem Hostel in der Emilii Plater in Warschau, in einem albanischen Coiffeursalon in der Rue de l’Avenir in Renens, in der Galata Kulesi Sk. in Istanbul und an meinem Schreibtisch in Bern.
Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Formal geht es in «Babylon Park» um Sprache und ihre Materialität. Inhaltlich um Europa und die Agglomeration. Um Geister und Geografie. Um Worte und Orte. Um Grenzen und Kontingenzen. Es geht aber auch um Eurokratinnen, Pilger, Prostituierte und Hooligans im Schwebezustand zwischen altem und neuem Europa.
Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Das Lieben und das Sterben. Krieg und Frieden. Die Eiszeiten ... Ganz praktisch interessiert mich das Schwere im Leichten. Die Frage, was Kunst kann, was Geschichte ist und was Gedicht. Aber auch, wie man Geschichten erzählt, persönlich und politisch, wie man sie malt, filmt, vertont oder performt. Verortungen. Geografisch, gesellschaftlich und künstlerisch. Wo man herkommt, wohin man geht, worauf man sich bezieht.
Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv Deiner Arbeit?
Ich denke, die Auseinandersetzung mit Orten und Rändern wird immer wichtig sein. Beim Erzählen zieht es mich widerkehrend zum Geheimen und Verborgenen. Ich lande stets in den Halbwelten des Mondänen und in der provinziellen Unterwelt.
Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Mit Zuneigung und Zufriedenheit. Einige der in «Babylon Park» versammelten Texte sind bereits auf CDs erschienen, und ich habe sie mit dem Musiker Rob Aeberhard in der Formation Fitzgerald & Rimini oder mit dem Autorenkollektiv Bern ist überall vorgetragen. Die Texte sind mir liebe und vertraute Freunde, die nun erstmals in gedruckter Form vorliegen und, losgelöst von meiner Interpretation, ein Eigenleben entwickeln können. Gleichzeitig habe ich sie damit dazu verdammt, sich zwischen den Buchdeckeln bis in alle Ewigkeit miteinander arrangieren zu müssen.
Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buches?
Ein Kritiker hat geschrieben, die Texte in «Babylon Park» würden den Anschein erwecken, dass ich auch in diesem Ton weitersprechen würde, wenn mir niemand zuhören würde, einfach weil es mein Ton sei. Das stimmt vermutlich. Aber ich bin dankbar, wenn ich keine Selbstgespräche führen muss. Deshalb bin ich froh, wenn das Buch wahrgenommen wird.
Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Als ein weiteres Kapitel einer unendlichen Geschichte.
Ariane von Graffenried, «Babylon Park», Sprechtexte 21,
Verlag Der gesunde Menschenversand, Luzern 2017, brosch., 204 Seiten.