Eine geballte Ladung Hoffnung

Entre nous, Sandra Weihs!

Sandra, wo hast Du Dein Buch geschrieben?



In Oberösterreich und Wien. In den beiden Küchen. Zwei Sätze tippen, Kaffee holen, Zigarette drehen, warten, anzünden, denken, tippen – eine halbe Stunde putzen – Sätze löschen, neu formulieren, Zigarette drehen, Kaffee holen, nicht gleich wieder anrauchen, denken, doch anzünden, tippen ... man setze beliebig fort.

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?

Es geht um ein Mädchen, Marie, das sich dem Erwachsenwerden verweigert, da Erwachsensein für sie Fremdbestimmtheit bedeutet. Das nicht an einer Gesellschaft teilhaben möchte, die krank ist, und deswegen selbst Krankheitssymptome zeigt, wie Beziehungslosigkeit und Ritzen und Selbstmordgedanken. Es geht um die großen Fragen für Jugendliche: Welchen Platz habe ich in der Gesellschaft, welchen Sinn hat mein Leben, wo sehe ich meine Rolle? Und bei der Beantwortung dieser Fragen geht es vor allem um das Staunen über das Leben und wie es sich zeigt.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?

Zurzeit interessieren mich Frauen – in all ihren Ausprägungen, Mythen von und über Frauen, die kollektiven psychologischen und kulturellen, wie die alten vorchristlichen, kurzum Frauengeschichten. Dabei habe ich mich festgesaugt am Richterbuch des Alten Testaments, der Odyssee, der Frau als Autorin, der Berichterstattung von und über Frauen, der Gewalt von und an Frauen. Delilah, Penelope, George Sand und Gina – Lisa Lohfink, da gibt es viel zu entdecken.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?



Da ich selbst eine Frau bin, nenne ich es ein grundsätzliches Interesse, mich mit dem Frausein auch auseinanderzusetzen. Die Reflexion über weibliches Schreiben ist vielleicht neu, aber die Teilhabe an Frauengeschichten nicht. Als Leitmotiv meiner Arbeit würde ich wohl eher die Haltung bezeichnen, mit der ich mich den Themen nähere – einer Art von Respekt gegenüber dem Dunklen und Hellen in den Frauenfiguren, über die ich schreibe.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?

Mich hat es gedrängt, «Das grenzenlose Und» zu schreiben, dieses Muss, dieser Zwang, Schreiben ist anstrengend. Aber als es fertig war, fühlte ich mich ein bisschen befreit. Schreiben ist für mich ambivalent. Es entsteht aus einer Not heraus, schickt mich in noch tiefere Tiefen, um dann das Hochgefühl wie einen Rausch zu genießen. Ist ein Projekt beendet, merke ich, was ich alles «vergessen» habe, und daraus entsteht das neue Projekt.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?



Die Geschichte ist eher für junge Menschen geschrieben. Es gibt fast magische Elemente darin. Eine geballte Ladung Hoffnung bei all der Schwere. Das mag vielleicht etwas ablenken vom eigentlichen Thema: einem jungen Mädchen in Not und ihrem Umgang damit. Würde mich eine Fee besuchen, wünschte ich mir von ihr, dass es in jedem Helfer-Regal stehen würde.

Sandra Weihs, «Das grenzenlose Und», Roman,
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt/Main 2015, Geb., 192 Seiten.

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