Diese ganze Verblödung durch Liebe
Entre nous, Julya Rabinowich! Sieben Fragen an die Autorin.
Julya, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Ich schrieb in Museen, im Zug, in den Bergen mit Blick auf Schluchten, in Wiens Innenstadt, in der Küche – beim Essen der verschiedenen Speisen. Das war «silouettentechnisch» nicht gerade auf der sicheren Seite, aber die Alma Mahler liebte es sehr üppig.
Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Um Eros und Thanatos und die Verdrängung österreichischer Geschichte. Und auch um traurige Sehnsucht und diese ganze Verblödung durch Liebe. Um Alma Mahler, Oskar Kokoschka und Paul Kammerer.
Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Was mich seit Jahren reizt, ist natürlich die Psychoanalyse und ihre Kinder, theoretisch und auch künstlerisch, also die Begegnung mit dem Verdrängten. Abseits davon immer auch die Kunst, vor allem bildende, und selbstverständlich das Thema der Flucht, wobei ich seit mehreren Jahren nicht mehr in Psychiatrie- und Psychotherapiesitzungen als Dolmetscherin für Flüchtlinge arbeite wie früher.
Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Das alles ist eher etwas, das mich seit Jahren begleitet. Neu dazugekommen ist die virtuelle Welt und ihre Spiegelung im realen Leben.
Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Mit dem Gefühl, ein wenig von den hellen und den dunklen Zeiten der Wiener Vergangenheit, die nicht meine Vergangenheit ist, erfühlt zu haben ...
Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption?
Ich habe aufgehört, Hoffnungen in die Rezeption zu legen, der Leser ist frei in seiner Entscheidung, und ich muss damit leben können. Aber natürlich weint man schon mal vor Freude über eine Rückmeldung oder tobt über das Verdrängen von Paul Kammerers Geschichte, das Vergessen um die «Biologische Versuchsanstalt». Dem etwas entgegensetzen – wenn das aufgeht, bin ich glücklich.
Wie würdest Du Dein neues Buch einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Ich sehe «Krötenliebe» als logische Weiterführung meiner Themen, die immer mit dem Gespaltenen, mit dem Verdrängten zu tun haben, mit dem Entwurzelten. Die Blickwinkel sind von Thema zu Thema natürlich verändert, mal ist es Fluchtgeschehen wie bei der «Erdfresserin», mal Verdrängung wie in der «Herznovelle», mal beides wie in «Spaltkopf» ...
Julya Rabinowich, «Krötenliebe», Roman, Deuticke
im paul Zsolnay verlag, Wien 2016, geb., 192 Seiten.